Heute haben die zukünftigen Satrapen, die Statthalter der durchaus denkbaren deutschen Provinz der faschistischen Diktatur Russlands, ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie boykottierten die Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag, aus Solidarität mit dem mörderischen Krieg der Russen gegen die Ukraine. Damit haben sie sich als politische Knechte und Sklaven des russischen Terrorismus offenbart, niemand kann mehr sagen, man hätte nicht wissen können, was diese Leute vorhaben und zu wem sie in dem weltweiten und europäischen Konflikt zwischen Demokratie und Diktatur gehören und für wen sie kämpfen. Es ist nicht mehr zu übersehen!
Sie erweisen sich damit nicht nur als Freunde von Diktatur und Terror. Sie zeigen auch ganz deutlich, dass sie Rassisten sind. Sie hassen nicht nur die Ukraine, sondern auch alle Ukrainerinnen und Ukrainer. Und gleichzeitig lieben sie Russland und die Russen, egal was diese tun. Im Deutschlandfunk hat heute jemand von Russlandromantik gesprochen. Das ist ein Euphemismus. Ich meine, es handelt sich hier zumindest beim Bündnis Sarah Wagenknecht/Wladimir Putin um etwas Tiefergehendes. Es geht um pathologische Russophilie. Timothy Snyder und Anne Applebaum haben in aller Ausführlichkeit und absolut unbestreitbar dokumentiert, dass die Russen die Ukrainer seit Jahrhunderten bekämpfen und unterdrücken, um sie letztlich nicht nur millionenfach in den Hungertod zu zwingen, sondern ihnen heute das vollständige Ende ihrer Existenz zu bereiten, als systematischer Völkermord, mit allen Mitteln.
Es waren nicht die Russen, die im Zweiten Weltkrieg die größten Opfer brachten, es waren die Ukrainer. Es waren auch nicht die Russen, die als Rotarmisten den stärksten Anteil am Sieg gegen die Deutschen hatten, es waren die Ukrainer. Und es waren die Ukrainer, die die Menschen in der UdSSR ernährten, nicht die Russen. Die Russen stehen bei den Ukrainern historisch in großer Schuld, die sie nie mehr abtragen können. Dass sie es gar nicht erst versuchen, sondern am liebsten das ganze Nachbarvolk ausrotten wollen, weil es demokratisch und liberal leben will, passt zum aggressiven und brutalen Wesen des russischen Staatswesens, das heute eine der diktatorischen Achsenmächte darstellt, zu denen Moskau, Peking, Budapest und andere gehören. Ihr gemeinsames Merkmal, das sie mit etlichen autoritären Bewegungen und Parteien teilen, ist ihr Einsatz für die Durchsetzung eines neuen, veränderten und gleichwohl im Wesen nicht veränderten politischen und gesellschaftlichen Systems, das dem klassischen Faschismus in Italien und Deutschland sehr ähnelt. Der weltweite Anführer dieser faschistischen Banden ist eindeutig der heutige Führer Russlands Putin, der für unermesslich viele Morde an Kindern und Zivilisten verantwortlich ist.
Ich brauche nicht mehr viel Fantasie dafür, mir diese Leute von AfD und Wagenknecht als zukünftige Machthaber einer Diktatur in Deutschland vorzustellen, die dort anknüpft, wo im Mai 1945 ihr vorläufiges Ende eingetreten war. Ihr Verhalten ist so antidemokratisch und diktaturbezogen, dass von diesen unfassbar verbohrten und gestörten Menschen nichts Gutes, sondern nur Gewalt und Elend zu erwarten ist. Sie stehen auf der Seite jener, gegen die sich seit 1920 der antifaschistische und antirassistische Kampf aller Demokratinnen und Demokraten dieser Welt gerichtet hat und weiter richten muss. Ihre realen Chancen sind vermutlich begrenzt, bis heute haben erst in einigen Ländern Mehrheiten hinter sich gebracht – in Russland und in Ungarn zum Beispiel. In Deutschland haben sie noch keine zwanzig Prozent auf ihre katastrophale Seite ziehen können, in Frankreich sind es dreißig, und das ist immer noch eine Minderheit, die allein nicht regierungsfähig ist.
Für eine wirksame Gegenstrategie setze ich nicht auf Anpassung an die Wünsche der Rechten, nicht auf die Verschärfung von Gesetzen, gleich welcher Art. Viele werden und wurden zu Rechtswählern, weil sie beobachtet haben, wie die politischen Kompetenzen von der Wählerschaft wegverlagert wurden, durch Globalisierung und Internationalisierung. Deshalb ist es wichtig, die Demokratie auszubauen, aber nicht die europäische Einigung zu stoppen. Letztere sollte vielmehr durch Kompetenzverlagerungen auf die Regionen und Kommunen gestärkt werden, die Bevölkerung muss selbst mehr politische Macht bekommen, durch mehr direkte Demokratie auf EU-Ebene, in den Bundesländern und bundesweite Plebiszite. Und gegen eins der Hauptmotive für die Wahl der AfD, die soziale Zukunftsangst, hilft es, die soziale Sicherheit fundamental zu stärken, wofür das heute entscheidende Mittel nur noch ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle sein kann. Gleichzeitig müssen auch die internationalen und globalen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Weltbürgerschaft ausgebaut und die entsprechenden Institutionen wie die UNO und die Europäische Union auf direktdemokratische Basis gestellt werden, denn es geht um die eine Welt, die unteilbar ist und in der alle Menschen gleich sind und dieselben Rechte haben.
Die entscheidende Methode für das Austrocknen des rechten Sumpfes ist allerdings die Überwindung der autoritären Persönlichkeitsstruktur, die auf der individuellen Ebene die Grundlage des anhaltenden Aufstiegs der Rechten ist. Dafür muss es eine innere Demokratisierung möglichst aller Institutionen und Einrichtungen, aller Ämter und Unternehmen, aller Organisationen geben, sodass autoritäres Verhalten nur noch als Anachronismus betrachtet werden kann. Angefangen bei den Familien, in den Schulen und Vereinen, den Büros und Fabriken, überall sollte eine demokratische Selbstverwaltung zum gewöhnlichen Alltag werden, dann kommt das Aus für die autoritäre Persönlichkeit; dieses würde den rechten und faschistischen Parteien und Organisationen gewaltig schaden und der Demokratie der Zukunft nützen, einer Demokratie, die mit ihrem eigenen Begriff ernst macht, in der für Rassismus und Faschismus kein Bedarf mehr besteht.
Literatur: Timothy Snyder, Der Weg in die Unfreiheit. Russland, Europa, Amerika, München 2022; ders., Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, München 2022; Anne Applebaum, Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine, München 2022; dies., Der Eiserne Vorhang. Die Unterdrückung Osteuropas 1944-1956, München 2012; Alfred Müller, Eine Wirtschaft, die tötet. Über den Kapitalismus, seine Überwindung und die Zeit danach, Köln 2019; Heinz Arnold, Linke Politik. Eine kritische Einführung, Hamburg 2020.