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Die Türkei und die Demokratie

Die Bedingungen, unter denen die Wahlen von Parlament und Präsidentschaft zurzeit ablaufen, haben nichts mit Demokratie zu tun. In der Türkei sind alle Medien fest in der Hand der Regierenden, unzählige demokratische Journalisten und Politiker sitzen grundlos im Gefängnis, es gibt keine Meinungsfreiheit, der Rechtsstaat ist zerstört. Die Türkei wird von einer diktatorischen Gruppe mit einem faschistischen Führer an der Spitze gelenkt und dominiert. Die demokratischen Grundrechte vieler Menschen sind nicht mehr in Kraft, das gesamte System befindet sich zurzeit auf dem Weg von einer stabilen Diktatur zu einer versteinert stabilen Diktatur, in der eine bestimmte Religion bestimmend ist. Die Türkei hat sich von Europa und der demokratischen Welt immer weiter entfernt, sie ist den regierenden Faschisten in Russland sehr nah und kann mit dieser politischen Struktur und Entwicklung niemals in die EU aufgenommen werden. Die Politik des Landes ist allerdings, zynisch formuliert, aus einem Guss: Die antidemokratische Systematik im politischen Bereich geht einher mit der starken Zunahme der sozialen Ungleichheit, die Reichen werden immer reicher, wie es sich für eine richtige Diktatur quasi gehört. Die große Mehrheit der Menschen leidet in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen unter der hässlichen Diktatur im Land, und es ist kein Ausweg in Sicht, das lässt sich schon jetzt, vor dem Ende der Wahlen feststellen.

Ich versuche immer, historische Parallelen zu finden, was natürlich nur tendenziell Ergebnisse bringt, denn die Geschichte wiederholt sich nicht zu hundert Prozent. Aber mir scheint doch, dass diese türkischen Wahlen vom Mai 2023 in vielen Aspekten den deutschen Terrorwahlen vom 5. März 1933 ähneln, Wahlen unter Umständen, die von demokratischen Verhältnissen himmelweit entfernt waren und bei denen die oppositionellen Parteien unter massiver Benachteiligung oppositioneller Politiker und Journalisten litten und nicht den Hauch einer Chance hatten, Mehrheiten zu gewinnen – die gesamte Meinungsmache befand sich in den Händen der Regierenden und eine Ablösung dieser autoritär und undemokratisch Regierenden war vollkommen undenkbar, weil es einfach keine wirkliche Wahl gab.

Literatur: Hamed Abdel-Samad, Der islamische Faschismus. Eine Analyse, München 2014; Constantin Schreiber, Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird, Berlin 2017; Erich Fromm, Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches. Eine sozialpsychologische Untersuchung, Stuttgart 1980.

Dr.HeinzArnold

Abitur in Biedenkopf/Lahn, Studium Anglistik, Politik, Geografie, Philosophie, Soziologie, Pädagogik an den Universitäten Heidelberg und Marburg/Lahn, Promotion Dr. rer. pol. Universität Kassel, Lehraufträge in Geografie und Politik an den Universitäten Trier und Kassel, zahlreiche Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen in Politik, Soziologie und Geografie, in der politischen Linken aktiv seit 1968. Bücher u.a.: Linke Politik - eine kritische Einführung, Hamburg 2020; Gesellschaften, Räume, Geografien, Trier 1997; Disparitäten in Europa: Die Regionalpolitik der Europäischen Union - Analyse, Kritik, Alternativen, Basel/Boston/Berlin 1995; Saar-Lor-Lux/Trier-Westpfalz/Wallonie - Strukturen und Perspektiven einer Europäischen Großregion, Trier 1998; Soziologische Theorien und ihre Anwendung in der Sozialgeografie, Kassel 1988; Aldous Huxley, Brave New World, Berlin 2005 (Hrsg.); Lektüreschlüssel George Orwell, Animal Farm, Stuttgart 2011

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