“Putins Krieg” – ist eine falsche Bezeichnung. Leider wird sie von links bis rechts von allen Parteien verwendet. Das ist nicht verwunderlich, denn die konventionelle Geschichtsschreibung steckt voller Personalisierungen. Wie viele Millionen Menschen hat Cäsar besiegt? Wie vielen Millionen Deutschen hat Hitler täglich seine Befehle implantiert? Mit solchen simplen Personalisierungen lässt sich die Geschichte nicht nur extrem vereinfachen; die Verantwortung für die Geschehnisse wird so auch komplett auf Einzelne abgewälzt, die in Wirklichkeit riesige Heere und Massen von Menschen hinter sich hatten; es waren diese Heere und die Massen, die tatsächlich handelten, während an ihrer Spitze in den Diktaturen häufig eine einzige, bewusst herausgehobene Figur stand, die allen ihre Macht aufdrücken konnte, solange Heere und Massen mitspielten. Sobald sie das nicht mehr taten, war es mit der Macht der einzelnen Herrscher vorbei. Das trifft auch auf das heutige Russland zu. Der Krieg gegen die Ukraine ist nicht allein der Krieg des russischen Führers. Es ist der Krieg eines faschistischen Staats gegen ein demokratisch regiertes Land. Dieser Krieg ist nur möglich, weil der faschistische Führer Russlands über eine Mehrheit unter der Bevölkerung verfügt, die nicht nur das faschistische System des Landes trägt, sondern auch hinter dem Krieg gegen die Ukraine steht. Russland ist heute ein Land ohne jegliche demokratischen Bürgerrechte, mit extremer sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit, terroristisch im Innern gegen die eigene Bevölkerung und terroristisch nach außen durch einen mörderischen, an Brutalität nicht zu übertreffenden Krieg. Und zwar auf der Basis einer Extremform von Kapitalismus mit Oligarchen, organisierter Kriminalität, unsozialer Politik und verlogener Propaganda, mit der der russische Faschismus vorgibt, selbst gegen den Faschismus zu kämpfen. Real ist dieser Krieg ein einziges Kriegsverbrechen, denn er richtet sich in erster Linie gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Es ist der Krieg des heutigen Russlands, nicht nur seines Führers.
Dr.HeinzArnold
Abitur in Biedenkopf/Lahn, Studium Anglistik, Politik, Geografie, Philosophie, Soziologie, Pädagogik an den Universitäten Heidelberg und Marburg/Lahn, Promotion Dr. rer. pol. Universität Kassel, Lehraufträge in Geografie und Politik an den Universitäten Trier und Kassel, zahlreiche Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen in Politik, Soziologie und Geografie, in der politischen Linken aktiv seit 1968. Bücher u.a.: Linke Politik - eine kritische Einführung, Hamburg 2020; Gesellschaften, Räume, Geografien, Trier 1997; Disparitäten in Europa: Die Regionalpolitik der Europäischen Union - Analyse, Kritik, Alternativen, Basel/Boston/Berlin 1995; Saar-Lor-Lux/Trier-Westpfalz/Wallonie - Strukturen und Perspektiven einer Europäischen Großregion, Trier 1998; Soziologische Theorien und ihre Anwendung in der Sozialgeografie, Kassel 1988; Aldous Huxley, Brave New World, Berlin 2005 (Hrsg.); Lektüreschlüssel George Orwell, Animal Farm, Stuttgart 2011